Sonntag, 19. Mai 2013

Jüdische Friedhöfe in Deutschland - was haben sie mit dem Frieden im Nahen Osten zu tun?

Die Welt ist klein, und manchmal begegnet man sich wirklich zweimal: vor wenigen Tagen fand ich zufällig bei einer Recherche zu einem ganz anderen Thema über die Brücke der Suchwörter "Franken" und "Friedhof" eine Meldung, die mich urplötzlich um über ein Jahrzehnt zurückversetzte: an das Diskussions-Board "Nahost" beim Internetprovider AOL. 
 
Direkt nach den islamistischen Massenmorden in den USA am 11. September 2001 hatte ich mich damals im Internet nach den Reaktionen der deutschen Internet-Stammtische umgesehen, da mir aufgrund bisheriger Erfahrungen klar war, daß es nach diesem Anschlag keine zwei Tage dauern würde, bis die üblichen Verschwörungstheoretiker mal wieder "die Juden" und den "Nahostkonflikt" als "eigentliche Ursache" ausgemacht haben würden. So kam es dann ja auch.  


Vom Friedhof zum Frieden
 
Eine der Diskutantinnen damals fiel mir besonders auf, da sie immer wieder vom Frieden im Nahen Osten sprach und dies mit ihrer Dokumentation jüdischer Friedhöfe in Deutschland verbunden wissen wollte. Sie schrieb damals unter ihrem Klarnamen, ich unter dem Pseudonym "Kavenzmann". Es gab viele Diskussionen um Israel, um Friedenspolitik, um den arabischen Terror. Um es kurz zu machen: die Diskussionen eskalierten so sehr, daß diese Diskutantin mich wegen Beleidigung und übler Nachrede anzeigte. Ich hatte mich unter anderem darüber lustig gemacht, daß sie äußerst mangelhafte Kenntnisse zur jüdischen Geschichte und insbesondere zur Geschichte des Völkerbund-Mandats "Palästina" gezeigt hatte und ansonsten - vehement, mit Herzblut, aber rhetorisch eher ungeschickt - ins Horn der gutmenschlichen selbsternannten Israel-"Experten" stieß. Das übliche Problem: viel Meinung, wenig Wissen. 

 
Das Auge des Gesetzes (Justitia), Carl Spitzweg (1857)
Raubkunst, restituiert vom Bundespräsidialamt Deutschland an die Erben Leo Bendel 


In zwei Instanzen freigesprochen

Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen mangels öffentlichen Interesses bald ein und verwies die Klägerin auf den Privatklageweg, worauf ich dann auch in der Tat eine Klageschrift vom zuständigen Amtsgericht Bensheim erhielt, mit der Aufforderung, fristgerecht zu erwidern. Den Prozeß gewann ich erwartungsgemäß, doch die Klägerin ließ nicht locker und ging in die zweite Instanz. Es kam sogar noch eine Schadensersatzklage dazu, weil ich angeblich ihre Gesundheit erheblich beschädigt und gefährdet hätte, sie hätte wegen der Auseinandersetzung mit mir einen Hörsturz erlitten. Auch in zweiter Instanz vor dem OLG Darmstadt ging die Geschichte aus wie erwartet: Freispruch, Zurückweisung eines Schadensersatzanspruches. Die Richter empfahlen der Klägerin, am besten derartige Diskussionen im Internet zu meiden. Zumal sich herausstellte, daß die Klägerin - nahezu gleichaltrig mit dem Beklagten - damals bereits seit langem arbeits- und berufsunfähig war, wegen einiger chronischer Krankheiten...

Da war sie wieder, diese verwunderte Frage angesichts jener ambivalenten Deutschen, die mich seit dem Sechs-Tage-Krieg im Jahr 1967 bewegt: wie kann man das in einem einzigen Kopf zusammenbekommen, diese nahezu morbide Lust an jüdischen Friedhöfen einerseits und den erbitterten und heimtückischen Kampf gegen Israel und lebende Juden andererseits?


Unbestritten: Engagement als Heimatforscherin

Die damals zu Lasten ihrer Rechtschutzversicherung erfreulicherweise erfolglose Klägerin - die Sozialpädagogin Angelika Brosig - hat sich andererseits sehr engagiert und erfolgreich um die Pflege alter jüdischer Friedhöfe in Franken und um die historische Aufarbeitung der Geschichte der Juden in Franken bemüht. Hierfür hat sie verdientermaßen einige lobende Erwähnung gefunden und auch Preise erhalten:
Die Dokumentation und Erhaltung jüdischer Grabstätten in Deutschland ist äußerst wichtig, sie ist auch sinnvoll. Die Deutschen sollen sich ruhig mit toten Juden beschäftigen und natürlich mit ihrer eigenen Geschichte, da zwischen beidem ja ein gewisser Zusammenhang besteht. - Doch wie sieht es aus mit dem Verhältnis von nichtjüdischen Deutschen zu in Deutschland lebenden Juden? Wie sieht es aus mit dem Verhältnis von Deutschen zum jüdischen Staat Israel? Da findet man vor allem dann unsinnige Einmischung und bewußtloses Besserwissen, bis hin zur unverhohlenen Unterstützung des Hamas-Terrorregimes in Gaza und inklusive der Vorbereitung zur Lieferung von Massenvernichtungswaffen an die international geächtete Terror-Organisation Hamas:

Das ganze Zitat aus dem zweiten Punkt ist beachtlich, weil es alle üblichen Versatzstücke des ganz normalen Antisemitismus enthält, beginnend mit der Berufung auf Alibijuden (traditionell formuliert: "einige meiner besten Freund sind Juden", hier in der Form "ich bin so mit vielen jüdischen Nachkommen und anderen Leuten aus jüdischen Gemeinden befreundet und bekannt"):

"Mein Name ist Angelika Brosig, ich kümmere mich in meinem Wohnort Schopfloch um den verwaisten jüdischen Friedhof Schopfloch in Mittelfranken, bin so mit vielen jüdischen Nachkommen und anderen Leuten aus jüdischen Gemeinden befreundet und bekannt.
Ich bin auch mit Frau Ingrid Rumpf befreundet und kenne und schätze (...) ihr Engagement für die Palästinenser sehr.
Es ist sehr bedauerlich, dass Sie diese Ausstellung, die einen Einblick in die andere Seite Israels aus der Sicht der Palästinenser vermittelt, in Ihrer Stadt nicht zulassen.
Die Ausstellung ist natürlich kritisch, aber haben wir denn nun schon Zeiten, in denen Kritik nicht mehr zugelassen wird....
Schade, dass Sie hier das demokratische Recht auf freie Meinungsbildung so einschränken, denn auch diese Arbeit ist sehr wertvoll und wichtig, gerade für uns Deutsche.
Ich habe grossen Respekt für die Arbeit von Frau Rumpf, sie hat ja auch Respekt für meine Arbeit!
Mit freundlichen Grüssen, Angelika Brosig www.juden-in-schopfloch.de"

Um dieses Zitat allerdings erst so richtig würdigen zu können, muß man sich vergegenwärtigen, wer dieser Erhard Arendt ist und was er ansonsten so tut. Der insgesamt eher erfolglose "Künstler" verbringt nämlich die meiste Zeit damit, gegen Israel zu hetzen und Israels geplante Vernichtung propagandistisch zu begleiten, im freundschaftlichen Schulterschluß mit den islamistischen Terrorverehrern von Muslim-Markt natürlich. 

Anyway, de mortuis nil nis bene... - daher zum Abschluß einfach nur ein Zitat:

"Angelika Brosig wurde 1956 im 100 km von Nürnberg entfernt liegenden Ansbach geboren und war 16 Jahre an einer Behindertenschule in Baden-Württemberg tätig. Später arbeitete sie in einem Jugendzentrum. Von früh an war sie in der Friedensbewegung engagiert, und einmal stand sie sogar kurz davor nach Israel zu gehen – ihr Beruf hielt sie jedoch schließlich davon ab." 
Quelle: Obermayer German Jewish History Award 

Abgehalten davon, nach Israel zu gehen? Vom Beruf? - Das war für beide Seiten sicher besser so, denn wer solche Freunde hat, der braucht keine Feinde mehr. Möge sie ihren Frieden endlich gefunden haben. 


Bayrischer Rundfunk - Nachruf 

"Angelika Brosig aus dem westmittelfränkischen Schopfloch ist mit 56 Jahren viel zu früh verstorben. In Schopfloch und Bechhofen hat sie sich liebevoll der Restaurierung der Jüdischen Friedhöfe gewidmet"
(Ina Schwandner, 28.02.2013).